Mont Ventoux

 

Der Mont Ventoux ist ein in West-Ost-Richtung gestrecktes Bergmassiv etwa 45 km nordöstlich von Avignon und knapp 100 km nördlich von Marseille. Die Länge des leicht S-förmig gekrümmten Bergkammes beträgt etwa 23 km. Der Berg liegt in den Provenzalischen Voralpen, vereinzelt wird er jedoch auch den Dauphiné-Alpen zugeordnet.

 Er bildet zusammen mit der Montagne d’Albion und der Montagne de Lure den nördlichsten und topographisch höchsten Teil eines Kalksteinplateaus, das nach Westen vom Tal der Rhone, nach Süden und Osten vom Tal der Durance und nach Norden von den Tälern der beiden kleinen Flüsse Toulourenc und Jabron begrenzt wird. Im Vergleich zur relativ sanft ansteigenden Südseite des Berges ist die Nordwestflanke und vor allem die Nordostflanke deutlich steiler. Dort finden sich auch Felswände und Schrofengelände.

Administrativ gehört der Berg zum Département Vaucluse. Orte in der Umgebung sind Malaucène etwa 10 Kilometer westlich und Sault etwa 15 Kilometer südöstlich des Gipfels. Er befindet sich im Regionalen Naturpark Mont-Ventoux, dem er seinen Namen gibt.

Der Gipfel ist einer der wenigen Orte, von denen man bei sehr gutem Wetter gleichzeitig das Mittelmeer und die höchsten Gipfel der Alpen und der Pyrenäen sehen kann. Dort befinden sich heute unter anderem ein Observatorium und verschiedene Sendeanlagen.


Der Name des Berges wurde lange von Mons Ventosus (lateinisch „Windiger Berg“) abgeleitet. Wegen seiner abgeholzten, kahlen Flanken wurde er auch als Mont Pelé (geschälter Berg) bezeichnet. Die neuesten Forschungen stützen sich hingegen auf geläufige Namen, denen die vorlateinische Wurzel *Vin- voransteht. Sie findet sich in der Provence und ihrem Umland in den Namen der Ortschaften VenasqueVenterol (Alpes-de-Haute-Provence)Venterol (Drôme)VenceVentabrenVentavon oder auch auf Korsika in Venaco und Ventiseri.[7] Ebenso erscheint sie im Piemont, wo es ein Venasca gibt, wie auch in den Pyrenäen mit Port de Venasque und Benasque. Diese vorlateinische Wurzel taucht stets im Zusammenhang mit einer Erhöhung oder mit einem Ort auf einer Anhöhe auf und verbindet sich im Falle des Ventoux mit dem Suffix -tur, das eine Distanz, eine Entfernung impliziert. Der Ventoux hieße somit in etwa „der Berg, der von Weitem sichtbar ist“. Bei der etymologischen Ableitung von ventosus handelte es sich demnach um eine der häufigen Volks- oder Pseudoetymologien.

Die aus vielen Blickrichtungen kegelförmig scheinende, weithin sichtbare und imposante Gestalt des Berges hat ihm in den Augen vieler Einheimischer und Besucher besondere Bedeutung verliehen, neben Massif de la Sainte-Baume und Montagne Sainte-Victoire zählt er zu den „Drei Heiligen Bergen der Provence“. Schon von den Kelten wurde er vermutlich als Sitz einer Windgottheit verehrt, unter anderem zeugen Artefakte wie kleine Tontrompeten von dem Kult. Vermutlich wurde der Berg dabei auch bereits sehr früh bestiegen.

In einem auf den 26. April 1336 datierten Brief, der auf Latein verfasst und an den Frühhumanisten Dionysius von Borgo San Sepolcro gerichtet war, erzählt der Dichter Francesco Petrarca, wie er zusammen mit seinem Bruder den Mont Ventoux bestieg. Die Schilderung dieser Besteigung gilt seit langer Zeit als Ausdruck einer neuen Natur- und Landschaftserfahrung, bei der sich ästhetische und kontemplative Sichtweisen miteinander verbinden. Aus diesem Grund wird die Besteigung des Mont Ventoux heute von einigen Forschern als der Schlüsselmoment an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit angesehen. Die Schilderung dieser Besteigung wäre in dieser 1860 von Jacob Burckhardt begründeten Lesart auch als Geburtsstunde des Alpinismus überhaupt anzusehen, da hier das Bergsteigen erstmals als Selbstzweck dargestellt würde:

„Den höchsten Berg dieser Gegend, den man nicht unverdient Ventosus, den Windumbrausten, nennt, habe ich am heutigen Tage bestiegen, einzig von der Begierde getrieben, diese ungewöhnliche Höhenregion mit eigenen Augen zu sehen.“

Auch der Dichterfürst der Provence, Frédéric Mistral, bestieg den Mont Ventoux, dem französischen Universalgelehrten Jean-Henri Fabre diente der Berg als biologisches Freilandlabor quasi direkt vor seiner Haustür.

Am 6. Januar 1947 geriet ein Verkehrsflugzeug des Typs Amiot AAC.1 (Kopie der Junkers Ju 52/3m) der Fluggesellschaft Transports Aériens Intercontinentaux (TAI) (Luftfahrzeugkennzeichen F-BBYK) aufgrund stark geänderter Windverhältnisse vom Kurs ab und flog in 1800 Meter Höhe in eine schneebedeckte Flanke des Mont Ventoux und wurde zerstört. Die dreiköpfige Besatzung des Frachtflugs von Marseille nach Lyon überlebte.

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