Weihnachtskonzert für Radfahrer


Der hochdeutsche Ausdruck Weihnachten geht auf eine mittelhochdeutsche, adjektivische Wendung wîhe naht oder ze (den) wîhen nahten zurück, deren frühester Beleg sich in der Predigtsammlung Speculum ecclesiae (um 1170) findet.

„diu gnâde diu anegengete sih an dirre naht: von diu heizet si diu wîhe naht.“

„Die Gnade kam zu uns in dieser Nacht: daher heißt sie die heilige Nacht.“

Aus der gleichen Zeit stammen die Verse aus einem Langgedicht des bayerischen Dichters Spervogel (um 1190):

„Er ist gewaltic unde starc, / der ze wîhen naht geborn wart. / daz ist der heilige Krist.“

„Er ist gewaltig und stark, der zur geweihten [geheiligten] Nacht geboren ward: das ist der heilige Christ.“

Der Ausdruck blieb dabei bis ins 13. Jahrhundert auf den oberdeutschen Bereich beschränkt und ist in den mitteldeutschen Dialekten erst seit dem Ende jenes Jahrhunderts als wînahten belegt. Daneben begegnet christtag als Synonym im mitteldeutschen Raum von Thüringen und Oberhessen über Westfalen bis nach Luxemburg und Lothringen. Im Mittelniederdeutschen finden sich stattdessen zunächst die Wörter kersnacht „Christnacht“ und kerstesmisse „Christmesse“ (vgl. englisch Christmas), erst ab 1340 winachten (m.). Im östlichen Norddeutschland hat sich das mnd. jûl noch in neuerer Zeit als Jul erhalten.

Das Adjektiv althochdeutsch und altsächsisch wîhmittelhochdeutsch wîch wird über germanisch *wīʒja, wīhaz ‚heilig, geweiht, numinos‘ aus der indogermanischen Wortwurzel *ueik ‚aus-, absondern, weihen‘ abgeleitet und ergab im Neuhochdeutschen ein inzwischen ungebräuchliches weich ‚heilig‘. Seinerseits von diesem Adjektiv wurde das schwache Verb wîhen (ahd. und mhd. gleichlautend, von germanisch *wīʒjan, wīhijaną) und schließlich das neuhochdeutsche weihen abgeleitet. Eine Substantivierung des Adjektivs ergab altsächsisch und althochdeutsch wîh ‚Tempel‘, altenglisch wēoh, wīg ‚Götterbild‘ und altnordisch  ‚Heiligtum, Tempel, Gerichtsstätte‘ (vgl. die nordische Gottheit ). Darüber hinaus ist wîh vermutlich mit lateinisch victima ‚Opfertier‘ und altlitauisch viešpilas ‚heiliger Berg‘ verwandt. Das zweite Wortglied nahten knüpft zum einen an die alte Zeiteinteilung vom Tag mit Beginn der Nacht an (vgl. englisch fortnight „vierzehn Tage“), zum anderen verweist der Plural auf mehrere Feiertage – vielleicht mit Bezug auf die altkirchliche Tradition der Zwölf Weihnachtstage vom 25. Dezember bis Epiphanias (Fest der Erscheinung des Herrn) am 6. Januar oder das europäische Brauchtum der Rauhnächte. Das zusammengesetzte Wort kann also mit die heiligen Nächte übersetzt werden.

Das unpersönliche Verb weihnachten prägte Theodor Storm. In seinem Gedicht vom Knecht Ruprecht heißt es in den Anfangs- und Schlusszeilen:

Von drauß’ vom Walde komm ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!

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