Dorflinden


In vielen Regionen Deutschlands wurde der Dorfmittelpunkt einst mit Sommerlinden gekennzeichnet. Er war Verkündstätte, Versammlungsort, hier wurde Gericht gehalten. Noch Kurfürst August von Sachsen unterzeichnete seine Verordnungen mit „Gegeben unter der Linde“. Bekannte Gerichtslinden sind zum Beispiel die Mahllinden bei Oberdorla und die Gerichtslinde (Mallinde) oberhalb Berka v. d. Hainich.

Es fanden jedoch auch die Feste des Dorfes unter der Linde statt. In manchen Orten wurde dafür sogar ein Tanzboden hoch oben zwischen den Ästen der Linde aufgebaut. Die seitliche Einfassung der „Lindenzimmer“ bildeten Hohlbrüstungen, die mit geleiteten Lindentrieben geschlossen wurden. Das fröhliche Treiben fand dann inmitten des Baumes statt. Auch die Musikanten spielten dort oben auf. Erhalten sind unter anderem die Tanzlinden von Limmersdorf bei Bayreuth, von Galenbeck in Mecklenburg-Vorpommern und Effeltrich. Eine andere ehemalige Tanzlinde ist die von Schenklengsfeld in der Nähe von Bad Hersfeld.

Eine weitere Besonderheit sind die sogenannten Apostellinden, bei denen zwölf Äste einer Linde künstlich in die Breite gezogen wurden und die weit ausladenden Äste mit Eichen- oder Steinsäulen gestützt werden. Damit entsteht eine riesige Lindenlaube. Die bekannteste Apostellinde ragt in Gehrden bei Warburg und kann über eine eiserne Wendeltreppe erklommen werden. Eine weitere schmückt die Ortsmitte in Effeltrich, wo die niedrige, weit ausladende Krone von einem zweireihigen Balkengerüst mit 24 Stützen getragen wurde.

Alte Sommerlinden in der Feldflur oder im Wald kennzeichnen häufig Dorfwüstungen. Die Sambacher Linde westlich von Mühlhausen stand beispielsweise früher im Zentrum des Weilers Tutterode.

In Norddeutschland, insbesondere in Westfalen, wurden Sommerlinden auf die Westseite der Häuser gepflanzt und Jahr für Jahr wie ein Spalier parallel zum Haus beschnitten. Diese natürliche Außenhaut hält im Sommer die Sonne vom Haus und kühlt dieses, im Herbst wurde das Laub als Futter oder Einstreu abgeschnitten und die Herbst- und Wintersonne konnte das Haus wärmen.

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